Einer, der an das Gute im Menschen glaubt


    Buchtipp von Lilly Rüdel


    Wie sähe unsere Welt ohne Gefängnisse, ohne Gesetze und ohne Sanktionen aus? Laut Thomas Hobbes wäre es garstig, brutal und kurz. Laut dem niederländischen Autor Rutger Bregman wäre es solidarisch und zivilisiert. Seiner Ansicht nach ist der Mensch im Naturstand «Im Grunde gut».

    Bild: Rowohlt Taschenbuch

    Die Ansätze bekannter Philosophen wie Niccolò Machiavelli oder Thomas Hobbes prägten in der Epoche der Aufklärung, Anfang des 17. Jahrhunderts, und noch heute, massgeblich die Gesellschaft. Sie beschäftigen sich mit der Frage: Ist der Mensch gut oder böse? Hobbes war der Auffassung, dass der Mensch im Naturzustand egoistisch und gewalttätig sei und das Prinzip alle gegen alle herrsche. «Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf.» Daher sei nur mit Gesetzen, Sanktionen und einem disziplinierenden Staat ein Zusammenleben möglich. Doch Rutger Bregman, Autor des Buches «Im Grunde gut«, sieht das anders. 5 Jahre lang hat er daran gearbeitet, geforscht, Erkenntnisse zusammengetragen und nun eine Lösung formuliert.

    Gräueltaten begleiten die Menschheit seit eh und je. Krieg, Terror und Hass waren früher Bestandteil der Gesellschaft und sind es heute immer noch, wie man im Nahost-Konflikt oder in der Ukraine sieht. Vor allem in Kriegen zeigen die Menschen ihr wahres Gesicht, ihren Naturzustand. Aus den Augen von Bregman wird die Geschichte der Menschheit mit einem neuen Blickwinkel auf die Vergangenheit betrachtet. Bregmans Buch handelt von neuen Denkansätzen voller Hoffnung und Optimismus, irreführenden Wegen der Philosophie und Psychoanalyse und der Darstellung von Ereignissen aus anderer Sicht. Er zeigt auf, wie das bekannte Stanford-Prison-Experiment als manipuliertes Experiment widerlegt werden konnte. Anhand von Geschichten der Vergangenheit beweist er, dass das negative Menschenbild im Grunde nicht stimmt. Er nennt das Chaos nach dem Hurrikan Katrina in New Orleans unter anderem als Beispiel: Nachdem die Grundelemente eines zivilisierten Lebens, wie Nahrung, Unterkunft, Trinkwasser und Sicherheit, zerstört wurden, verhielten sich die Menschen nicht so, wie von Hobbes vorhergesagt. Stattdessen kümmerten sie sich umeinander, halfen sich gegenseitig und waren solidarisch.

    Bregman gelingt es, unterschiedliche Geschichten und wissenschaftliche Quellen, die seine These untermauern, in einen leichten und humorvollen Schreibstil zu verpacken. Trotz der Schwere der Thematik lässt sich das Buch in einem Zug lesen. Zwar wird nicht jeder dem Autor in allen Punkten Recht geben, seine Ideen regen dennoch zum Nachdenken an und liefern etwas, das in der heutigen Welt fehlt: Hoffnung. Hoffnung darauf, dass vielleicht irgendwann eine Gesellschaft ohne Krieg, Terror und Hass entstehen kann.

    Titel: Im Grunde Gut, Eine neue Geschichte der Menschheit
    Übersetzer: Ulrich Faure und Gerd Busse
    Autor: Rutger Bregman
    Erscheinungsdatum: 17.08.2021
    Verlag: Rowohlt Taschenbuch
    Rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch
    Seitenzahl: 480


    Rutger Bregman wurde am 26. April 1988 in der niederländischen Provinz Zeeland geboren. Er studierte Geschichte an der Universität Utrecht und an der University of California, Los Angeles. Heute arbeitet er hauptberuflich als Journalist im Ressort Fortschritt für die niederländische Nachrichtenplattform De Correspondent. Ebenfalls ist er Autor mehrerer Sachbücher mit dem Hauptfokus auf das bedingungslose Grundeinkommen. Seine Bücher «Im Grunde gut» und «Utopien für Realisten» waren beide Bestseller der New York Times und wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Bregman polarisiert mit seinen neuen Ideen. Die britische Tageszeitung «The Guardian» nennt ihn sogar «das niederländische Wunderkind der neuen Ideen».

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